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Blauer See Ratingen

Revitalisierung des Freizeitareals Blauer See und Neubau eines Umweltbildungszentrums

Leitgedanke

Die besondere geografische Lage des Blauen Sees, an der Schnittstelle zwischen den letzten Ausläufern des westlichen Mittelgebirges und des niederrheinischen Tieflands, sowie die dadurch zurückgebliebenen Spuren und Relikte, sind die Ausgangspunkte des Entwurfs. Durch einfache Eingriffe und eine Neuordnung des Areals werden die Besonderheiten dieser Kulturlandschaft wieder erlebbar gemacht und neu verbunden. Von den Auenwäldern und Feuchtwiesen im Angertal bis zu den kalkliebenden Wäldern und dolomitischen Steinformationen über die ehemaligen Kalköfen bietet das Projekt eine Vielfalt an Erlebnissen und neuen Aufenthaltsorten. Die städtebauliche Neuordnung des Areals wird als Chance genutzt, um den Freiraum neu zu fassen und aufzuwerten.

Städtebau und Erschließung

Durch die sorgfältige Standortwahl des Umweltbildungszentrums und des Cafégebäudes entstehen städtebauliche Kanten, welche die neu geschaffenen Freiräume fassen und diese gezielt der Landschaft öffnen. Die heutige Eingangssituation mit ihren zwei mächtigen Platanen wird dadurch aufgewertet und neu geformt. Ein multifunktionaler Vorplatz flankiert das UBZ. Von dort kann man das gesamte Areal überblicken: den Kalkofenplatz am Eingangsbereich, den See sowie den Wald. Während die südöstliche Ecke des UBZ die neue Adresse des Areals bildet, wirkt die Gastronomie als Anziehungspunkt. Die Engstelle zwischen dem UBZ und der Gastronomie bildet den Übergang zum Themen- und Erlebnisspielplatz sowie den neuen barriereärmeren Zugang zur Naturbühne. Eine neue behindertengerechte Rampe ermöglicht den Zugang zum See und zu den wassernahen Aktivitäten und bietet zudem unterschiedliche Perspektiven auf den Kalkofen, den See und die Pflanzen im Felsengarten. Die vorhandene Treppe zum See wird durch eine neue Treppe mit regelmäßigerer Steigung ersetzt. 

Nachhaltigkeitskonzept

Brachliegende Naturflächen werden renaturiert und wieder in Wert gesetzt. Die Versiegelung von Verkehrsflächen wird auf ein Minimum reduziert und durch neue Bäume, Pflanzungen und Wasserflächen wird das Mikroklima verbessert. Die neuen Gebäude aus den natürlichen Materialien Stampflehm und Holz haben eine einfache kompakte Form und erhalten begrünte Dächer. An den Außenwänden des Umweltbildungszentrums werden an verschiedenen Stellen Nischen als Nistmöglichkeiten für Vögel und Insekten geschaffen. 

Umweltbildungszentrum

Die gefaltete Gebäudeform, eine Analogie zu der gestuften Landschaft, stellt eine Verbindung zu der geologischen Geschichte des Ortes als ehemaligem Faltengebirge her. Diese setzt sich in der Materialität des Gebäudes fort: die Außenwände bestehen aus Stampflehm-Schichten, die auf einem massiven erdfarbenen Sockel sitzen. Die Schwere des natürlichen Materials Lehm kontrastiert mit dem leichten Holzbau des Cafés.

Durch die Platzierung des Eingangs an der nordöstlichen Ecke ist das Gebäude, trotz des starken Geländegefälles nach Süden hin, über den Hauptweg barrierefrei erreichbar - wie auch das gesamte Gebäude barrierefrei ist. Die Entscheidung für einen eingeschossigen Bau ist auch der Tatsache geschuldet, auf einfache Weise ein vollständig barrierefreies Gebäude herzustellen.

Um eine konzentrierte Lernatmosphäre zu ermöglichen, ist das Gebäude nach außen eher introvertiert und geschlossen, während sich die Seminarräume zum Innenhof öffnen. Einzig das große Schaufenster an der nördlichen Ecke lässt die Besucher des Freizeitareals durch das Foyer in den Innenhof hineinblicken und dient so als Vermittler zwischen den Nutzungen 'Freizeit' und 'Pädagogik'. Der Innenhof und auch die offenen Flächen zwischen UBZ und Wald bieten ruhige und geschützte Standorte zum Lernen, Spielen und Entdecken und geben gleichzeitig die Möglichkeit einer Erweiterung. Der gewählte Standort ermöglicht zudem eine räumliche Nähe zu allen Themen der Umweltbildung: zu Kalkbahn und Kalköfen als Verweis auf die industrielle Geschichte des Ortes, zum See und Angerbach für Umwelterfahrungen zum Thema Wasser, sowie zu dem Rundgang um den See mit Lernstationen zum Thema Wald. 

Das Gebäude kann abschnittsweise an den zwei Kopfseiten erweitert werden. Die Außenhülle des an den Werkraum anschließenden Gruppenarbeitsplatzes ist bereits so angelegt, dass durch den Einbau von Fenstern ein beheizter zusätzlicher Raum geschaffen werden kann. Der nördliche Erweiterungsbau mit dem Ausstellungsbereich kann zusätzlich errichtet und separat über eine Seitentür vom Haupteingang aus erschlossen werden.

Nachhaltigkeit des Bauwerks

Materialien und Raumklima

Die äußere monolithische und eher geschlossene Hülle aus Stampflehm kontrastiert mit der leichten aufgelösten Struktur der Hoffassade aus Lärchenholz. Stampflehm ist ein Sinnbild für Nachhaltigkeit verspricht gleichzeitig sinnliche Haptik und ein sehr gutes Raumklima. Das Material kann lokal gewonnen werden und für die Herstellung einer Stampflehmwand wird mehr als ein Fünftel weniger Energie aufgewendet als für eine gleichartige Ziegelwand. Die Wände benötigen keinen Anstrich, sind wartungsarm und problemlos rückbaubar. Ihre enorme thermische Masse sorgt insbesondere im Sommer für eine Reduktion des Hitzeeintrags. Der einzige Nachteil, das Auswaschen der Wände durch Schlagregen und starken Wind, kann an diesem Standort vernachlässigt werden, da das Gebäude und insbesondere die Südwestseite (= Wetterseite) von den umgebenden Bäumen geschützt wird. 

Innenseitig erhalten die Außenwände eine Stampflehmschicht mit integrierter Wandheizung. Die Decken werden mit Lehmbauplatten bekleidet, wo in Bereichen mit großen Wärmelasten ebenfalls Heizelemente integriert werden, die im Sommer zur Kühlung genutzt werden können. Die Innenwände werden aus Lehmsteinen gemauert, um zusätzliche thermische Speichermasse zu gewinnen. Der Lehmputz auf Wänden und Decken sorgt neben dem guten Raumklima auch für eine gute Akustik.

Vor den Fenstern und großflächigen Verglasungen im Hof werden verstellbare Außenjalousien als Sonnen- und Blendschutz installiert. Sämtliche Seminar- und Aufenthaltsräume sind quer zu lüften.

Energie

Der Wärmebedarf wird durch eine Luft-Wasser-Wärmepumpe gedeckt und über Bauteilaktivierung eingebracht. Die integrierte Wand- und Deckenheizung in den Lehmelementen sorgt mit geringem Energieaufwand für einen effektive Heizung und gleichzeitig Kühlung im Sommer. Das Dach wird vollständig begrünt und auf den geneigten Dachflächen mit der effizientesten Orientierung werden Photovoltaikmodule installiert, die in Kombination mit dem Gründach einen hohen Wirkungsgrad erzielen.

 

Planung: 2022

In Arbeitsgemeinschaft mit atelier le balto Landschaftsarchitekten, Berlin

Leistungsphasen: Hochbaulicher und freiraumplanerischer 2-phasiger Realisierungswettbewerb - 2. Phase 

Auftraggeber*in: Stadt Ratingen

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